SRH Corporate
Konzern

Mannheimer Reden: Den Nahost-Konflikt in 3 Minuten erklärt

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel wird auch in Deutschland stärker diskutiert und demonstriert. Wie lässt sich bei all den lauten Positionen eine gemeinsame Sprache finden? Das diskutierten Saba-Nur Cheema und Meron Mendel (Foto, von links), eine Muslima und ein Israeli, bei den "Mannheimer Reden" der SRH und des Nationaltheaters Mannheim. Im Gespräch zeigten die beiden, warum sich Vorurteile halten und was Videos im Internet damit zu tun haben.

Wie gelingt gesellschaftlicher Zusammenhalt? Wie können wir miteinander im Gespräch bleiben? Mit diesen Fragen hat 2017 die Heidelberger Stiftung SRH gemeinsam mit dem Nationaltheater Mannheim die „Mannheimer Reden“ ins Leben gerufen.

„Damals war Donald Trump amerikanischer Präsident geworden, die AfD zog mit 12,6 Prozent erstmals in den deutschen Bundestag ein, und Jerusalem wurde von den USA als Hauptstadt Israels anerkannt“, erinnerte zu Beginn Prof. Dr. Christof Hettich, Vorstandsvorsitzender der SRH. „Heute entdecken wir diese Themen oftmals noch stärker wieder. Deshalb müssen wir uns immer wieder mit der Frage nach dem Zusammenhalt befassen. Ein Beitrag dazu ist, miteinander zu reden.“

Dass dies ein besonderes Anliegen der SRH als Bildungs- und Gesundheitsunternehmen ist, sei kein Zufall, betonte Hettich: „Bei der SRH arbeiten Menschen aus rund 120 verschiedenen Nationen. Als SRH stehen wir für Freiheit, Demokratie, Diversität, Toleranz und Inklusion. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben täglich dieses inklusive Miteinander. Der gemeinsame Austausch ist ein wesentlicher Bestandteil davon.“

Foto: Moderator Denis Scheck (links) führte das Gespräch mit Saba-Nur Cheema und Dr. Meron Mendel.
Moderator Denis Scheck (links) führte das Gespräch mit Saba-Nur Cheema und Dr. Meron Mendel.

Diese erste Mannheimer Rede nach vierjähriger Pause befasste sich am Dienstag (30. Januar) deshalb ganz bewusst mit einem sehr emotionalen Thema: Der Entwicklung des Nahost-Konflikts seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. „Über drei Punkte müssen wir dabei allerdings nicht diskutieren“, stellte Prof. Dr. Christof Hettich zu Beginn klar. „Alle Angegriffenen verdienen Schutz. Israel als Staat hat das Existenzrecht. Und Menschen jüdischen Glaubens sollen ihren Glauben ohne Angst ausüben können.“

Bei Saba-Nur Cheema und Meron Mendel war er damit direkt im Herzen der Diskussion angelangt. Die Politikwissenschaftlerin mit pakistanischen Eltern und der Pädagoge, der in Israel geboren wurde, sind verheiratet und beschreiben ihr Erleben im Alltag unter anderem in der FAZ-Kolumne „Muslimisch-jüdisches Abendbrot“. Beide erleben, dass der Antisemitismus mit Bezug zu Israel wieder zunimmt.

Meron Mendel berichtete über die fehlende Anteilnahme, während in Israel Freunde starben und entführt wurden. „Es gab weniger Schweigeminuten als sonst nach islamistischen Anschlägen, etwa dem 11. September. Als Antwort kam dann: ‚Wir wissen nicht, wie wir reagieren sollen, es ist so kompliziert.‘ Was ist daran so kompliziert, dass Unschuldige abgeschlachtet werden?“, fragte er in den Raum.

Genauso irritierend sei das Schweigen der islamischen Verbände gewesen, die sich sonst immer zur Situation der Palästinenser geäußert hätten, ergänzte Saba-Nur Cheema. Doch warum gibt es diesen Unterschied beim Nahost-Konflikt, diese Seite für oder gegen Israel? Im Gespräch mit Moderator Denis Scheck wurde deutlich: Dieser Konflikt trifft viele persönlich. Es gehe vor allem um Identitätspolitik, so die Einschätzung der beiden Expert:innen. Für die Menschen in Palästina einzustehen heiße, sich solidarisch mit den Unterdrückten ohne Staat zu zeigen. Das mache diese Haltung auch bei Linken möglich.

Besonders deutlich werde dies in den sozialen Medien, ergänzte Cheema. „Die Frage, wo ich stehe, ist dort nur ein Klick. Dazu kommen viele Falschinformationen, etwa dass Israel Massengräber anlege wie zu Zeiten der Nazis. Auch die Historie wird falsch dargestellt. So wird behauptet, die Palästinenser hätten die Juden nach 1945 freundlich aufgenommen und diese dann das Land in Besitz genommen. Dabei haben die Juden eine klare Verbindung zur Region.“

Foto: Organisatoren und Teilnehmende der Mannheimer Reden
SRH Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Christof Hettich, Dr. Meron Mendel, Saba-Nur Cheema, Moderator Denis Scheck, Vorstand Patrick Mombaur und Christian Holtzhauer, Schauspielintendant und Künstlerischer Leiter der Internationalen Schillertage am Nationaltheater Mannheim (v.l.).

Dazu käme ein anderes Bild von Menschen jüdischen Glaubens in der Gesellschaft. „Juden werden oft als weiß und privilegiert wahrgenommen, mit Israel als Vorposten des Westens, welcher Palästina kolonialisiert. Selbst offizielle Berichte fassen die Entwicklung ab 1948 häufig so zusammen. Aber der historische Bezug passt nicht: Die Hälfte aller Juden kommt immerhin aus arabischen Ländern!“, berichtete Mendel.

Beide betonten: Nur durch das Gespräch ließe sich gegen solche Stereotype angehen. Gerade bei jungen Menschen seien soziale Medien inzwischen Teil der Lebenswelt, deshalb müsse Bildung dort ansetzen. Ein Vorschlag von Cheema: Influencer:innen zu gewinnen. Aber: es gäbe auch keine guten Beispiele wie etwa eine Influencerin in Frankfurt, die Millionen Followers mit Schmink- und Beautytipps erreiche. Sie habe sich plötzlich des Themas Nahost-Konflikt angenommen: "In drei Minuten hat sie den Konflikt erklärt, da ist völlig klar, wer Täter und wer Opfer ist. Das sehen dann Millionen Menschen“, so Cheema.

„Gegen die Dummheit kämpfen die Götter selbst vergeblich“, zitierte Moderator Scheck Friedrich Schiller. „Woher nehmen Sie die Motivation, immer wieder ins Gespräch zu gehen?“ Für Saba-Nur Cheema war das Tagebuch der Anne Frank eine entscheidende Lektüre. Ihre Eltern mussten aufgrund ihrer Religion aus Pakistan flüchten, entsprechend konnte sie sich mit dem Schicksal des jungen Mädchens identifizieren. „Ich habe dann Führungen in der Bildungsstätte Anne Frank gemacht und in vielen Gesprächen gemerkt, wie das Interesse der Menschen gewachsen ist und sie bereit waren, ihr Wissen zu erweitern. Umso wichtiger ist es, dass wir im Dialog bleiben.“

Das zeigte die Diskussion im Publikum, etwa bei der Frage, warum bei Demos für Palästina viele junge Frauen mitliefen, obwohl diese doch in ihrer eigenen Gesellschaft selbst keine einfache Stellung hätten. „Wir wissen viel zu wenig, vor allem über junge Muslime in Deutschland. Muslimische Männer seien aggressiv und ungebildet, die Frauen unterdrückt: Dieses Bild ist wirklich alt. Muslime in Deutschland sind sehr divers, gleichzeitig eint sie der Nahost-Konflikt. Umso mehr müssen wir miteinander reden und Ansichten hinterfragen.“ Das geht nicht in drei Minuten oder zwei Stunden, aber: Dieser Abend war ein Anfang.

Mehr zu den Mannheimer Reden unter mannheimer-reden.de.

Ihr Pressekontakt
Martin Kussler

Leiter Unternehmenskommunikation

Ihr Pressekontakt
Christian Haas

Manager Unternehmenskommunikation